Avowed – Eine lohnende Reise nach Eora?

Ich bin noch nicht ganz durch mit Avowed, aber nach den ersten Stunden kann ich sagen: Wer sich für 20 Euro mehr die Premium-Edition holt, bekommt neben 5 Tagen Vorabzugriff nur ein paar kosmetische Extras wie ein Artbook, den Soundtrack und Begleiter-Outfits. Keine exklusiven Quests, kein spezielles Equipment oder eine zusätzliche Karte – der Mehrwert hält sich also in Grenzen. Ich wollte einfach mal wieder ein langes, spaßiges Offline-RPG im Stil von Skyrim spielen. Kein Baldur’s Gate 3, für das man anscheinend ein Studium benötigt (lach).

Optisch macht Avowed einen guten Eindruck. Es ist kein technisches Wunderwerk à la 2025, aber definitiv nicht hässlich. Die Welt ist farbenfroh und stimmungsvoll gestaltet. Ein großer Vorteil gegenüber Skyrim: Es gibt keine ständigen Ladebildschirme. Nur beim Betreten größerer Gebiete, in Cutscenes oder bei der Schnellreise wird geladen – das macht das Erkunden wesentlich angenehmer.

Ich habe Pillars of Eternity nie gespielt, aber das scheint auch nicht nötig zu sein. Bislang gibt es keine Verständnisprobleme mit der Story oder der Welt – das Spiel steht für sich und lässt sich gut genießen.

Ein großes Plus: Die Begleiter sind mehr als nur Mitläufer. Sie haben eigene Meinungen und kommentieren deine Entscheidungen in Quests oder Dialogen mit Story-relevanten NPCs. Ob sich daraus romantische Beziehungen wie in Skyrim entwickeln lassen, kann ich noch nicht sagen. Leider kann man nur zwei Begleiter gleichzeitig mitnehmen, was die Gruppendynamik etwas einschränkt.

Das Kämpfen fühlt sich wirklich gut an. Schläge haben ein spürbares Gewicht und geben ein ordentliches Treffer-Feedback. Egal ob Nahkampf oder Fernkampf – die Animationen wirken flüssig, und die Kämpfe haben einen wuchtigen, befriedigenden Rhythmus. Besonders in der Ego-Perspektive fühlt sich das Ganze sehr immersiv an.

Neben verzauberten Waffen wie Schwertern, Äxten oder Bögen gibt es auch klassische Zauber. Anders als in Skyrim werden diese nicht direkt aus der Hand gewirkt, sondern über ein Zauberbuch aktiviert. Das bringt eine eigene Dynamik ins Gameplay, da du Zauber auswählen und gezielt einsetzen musst, anstatt sie permanent ausgerüstet zu haben.

Die Entscheidungsfreiheit ist groß: Zwar wählst du zu Beginn eine Art Hintergrundgeschichte (also, wofür du bekannt bist), aber diese beeinflusst nur Dialogoptionen – nicht deine Skills. Du kannst also ein Gelehrter sein, der mit einem verzauberten Zweihänder alles niedermäht. Besonders cool: Die Level sind nicht bloß linear – oft gibt es alternative Wege, um etwa in ein Gebäude zu gelangen, ohne Schlüssel oder Dietrich zu nutzen.

Du spielst eine gottähnliche Figur, die vom Kaiser nach Eora geschickt wird, um eine mysteriöse Krankheit zu untersuchen – und bestenfalls zu beseitigen. Doch anstatt mit offenen Armen empfangen zu werden, gerätst du in ein Netz aus politischen Intrigen, der Bedrohung durch die Krankheit und einer mysteriösen Stimme, die dich begleitet.

Wer ein typisches Open-World-Spiel erwartet, könnte überrascht sein: Avowed setzt auf größere, miteinander verbundene Gebiete statt eine einzige riesige Welt. Die Gebiete sind dabei aber weder klein noch zu linear. Überall gibt es etwas zu entdecken, und wenn man eine verschlossene Kiste sieht, gibt es garantiert einen Weg, sie zu erreichen. Besonders auffällig: Das Spiel ist sehr bunt – nicht düster-realistisch, sondern farbenfroh und lebendig.

Hier gibt es Licht und Schatten. Während deine Begleiter wirklich gut geschrieben sind, wirken die normalen NPCs eher wie Statisten. Sie stehen herum, unterhalten sich gelegentlich, haben aber kein wirkliches Alltagsleben wie in Kingdom Come: Deliverance. Tiere wie Eichhörnchen oder Wildschweine sind zwar da, aber rein dekorativ – keine Jagdmöglichkeit oder Interaktion.

Dazu kommt, dass es kein Diebstahl- oder Mord-System gibt. Alles, was leuchtet, gehört dir – du musst nicht überlegen, ob du erwischt wirst. Und außer den Gegnern, die du töten musst, sind NPCs unantastbar. Das fühlt sich leider etwas künstlich an und erinnert eher an Starfield als an die immersive Welt eines Skyrim.

Das Loot- und Levelsystem ist solide. Während du keine riesige Auswahl an einzigartigen Gegenständen erwarten solltest, kannst du deine frühen Waffen durch Upgrades bis ins Endgame mitnehmen. Das motiviert, die Lieblingswaffe zu behalten und weiterzuentwickeln, anstatt ständig nach etwas Neuem suchen zu müssen.

Viele Quests laufen nach klassischen Mustern ab: "Gehe dahin, töte das" oder "Sammle dies und bring es zurück". Das klingt eintönig, wird aber meist storytechnisch gut verpackt. Die Hauptquests bieten spannende Wendungen, und auch die Nebenquests haben oft interessante Dialoge und moralische Entscheidungen.

Technisch läuft das Spiel weitgehend stabil, aber nicht fehlerfrei. Zu Beginn hatte ich einen Bug bei der Kollision an Klippen – nach einem Neustart war das Problem aber behoben. Gelegentliche Abstürze können vorkommen, sind aber bislang eher die Ausnahme als die Regel.

Eine deutsche Sprachausgabe gibt es nicht – für mich kein großes Problem. Schließlich macht Rockstar das auch seit Jahren, ohne dass sich jemand beschwert. Die englischen Sprecher machen aber einen soliden Job.

Das Spiel bietet viele Einstellungsmöglichkeiten, besonders für das HUD. Es gibt fünf Schwierigkeitsgrade und eine coole Mechanik: Auch Waffen, die du früh im Spiel findest, kannst du durch Aufwertungen bis ins Endgame mitnehmen – also kein ständiges Wegwerfen von alten Favoriten.

Avowed ist kein Skyrim 2.0, aber ein unterhaltsames Singleplayer-RPG mit einer farbenfrohen Welt, guten Begleitern und viel spielerischer Freiheit. Allerdings fehlen einige Immersionselemente – NPCs und die Welt sind nicht so lebendig, wie man es sich vielleicht wünschen würde.

Ich hoffe, dass da noch ein Story-DLC kommt, der vielleicht etwas mehr Tiefe bringt.