Ich habe zuerst Dead in Vinland (an)gespielt bevor ich mit Dead in Bermuda begonnen habe.
Anfangs war ich angetan von der Stimmung, der traumähnlich-surrealen Optik und sphärischen Musik die im Hintergrund spielt, aber nach einigen Stunden ging es einem so langsam auf die Nerven, da sich die Musik in Dauerschleife mit nur wenigen Variationen wiederholt. Und irgendwann fing auch das ständige hin- und herschieben der Charaktere an den einzelenen Stationen innerhalb des Camps (durch Forschung und Crafting erhöht sich die Anzahl an Aktivitäten) gewaltig an zu nerven. Da müssen die Charaktere immer wieder zwischen Lagerfeuer (Depression senken), Zelt (Energie auftanken) und den jeweiligen Arbeitsstationen verteilt werden - leider war es auch nicht möglich Charakteren einen festen Posten zu geben, was diesen Prozess vereinfacht hätte, da je nach Vorräten und Bedürfnislage eine andere Dienstleistung gefragt ist. So muss man dann wenn z.B. der "Chefkoch" durch Müdigkeit ausfällt einen anderen, weniger geübten, Charakter an die Kochstelle schicken. Die Fähigkeiten erhöhen sich hierbei nur sehr langsam - es gibt auch Level-Ups, aber bevor man Punkte in Intelligenz investiert hat kommen bei den "nicht so schlauen" Charakteren nur wenige Punkte zum Verteilen dabei rum - was ungünstig ist, da es wirklich sehr viele Skills gibt, die auf Attributen wie Geschicklichkeit oder Stärke basieren (welcher Skill zu welchem Attribut gehört ist dabei nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich), die ebenfalls gesteigert werden müssen. Es gibt also potentiell extrem viel zu steigern aber nicht viel zu verteilen...

Während des Erkundens (was - um Fortschritte zu erzielen - am besten durch mindestens 2 Charaktere vorangetrieben wird) kann man Gegenstände finden, die die Bedürfnisleisten wieder auffüllen und auch Skill-Steigerungen von +5 Punkten sind jeweils möglich - wie ihr euch jedoch denken könnt findet man hiervon nicht all zu viel und während des Untersuchens von "Points of Interest" auf der Map wird man, wenn man einen Sneak-Skillcheck nicht besteht, von Monstern angegriffen, die das Verletzungslevel eines Charakters um ein paar Prozente steigern - natürlich haben viele der Charaktere keinen besonders guten Schleichskill und bestehen die Skillchecks daher nur selten. Die Kampffähigkeit exisitiert mehr pro forma und senkt lediglich die Geschwindigkeit mit der der Verletzungsbalken nach Angriffen von Monstern steigt - man kann nicht wirklich mit den Monstern kämpfen (anders als in dem Nachfolger "Dead in Vinland" in dem netterweise ein Kampfsystem integriert wurde).
Generell werden Aktionen während der Erkundungstouren immer mit Skillchecks gelöst (im voraus bekommt man die Chance zu bestehen in Prozent angezeigt). Diese Skillchecks werden sehr schnell lästig, insbesondere die Skillchecks die während den Dialogen mit den "Questgebern" auf der Insel auftreten...man kann diese Skillchecks beliebig oft wiederholen - als "Strafe" für ein Versagen erhöht sich lediglich das Verletzungs- oder Depressionsparameter des jeweiligen Charakters. Hier wären alternative Ausgänge der Versuche interessanter gewesen als ein stumpfsinniges Wiederholen, vorallem da es innerhalb einiger Gespräche 3-4 Skillchecks in Folge gibt und wenn man auch nur einen davon versemmelt darf man sie alle wiederholen - und bei jeder Wiederholung steigert sich entweder der Verletzungs-, Infektions- oder Depressionsgrad.
Auf der Schwierigkeitsstufe "normal" kann das sehr schnell ein sicheres Todesurteil sein.
Beenden konnte ich das Spiel überhaupt nur weil ich das Spiel nach einem gescheiterten Durchgang (meine Gruppe ist nach 14 Tagen kollektiv verdurstet - Erschöpfungstod und Selbstaufgabe waren aber auch nicht mehr weit weg) auf leicht gestellt habe. Auf normal beißt man sich an diesem Spiel wirklich die Zähne aus, da es eher früher als später wirklich an ALLEM mangelt...am schlimmsten ist hierbei, wie ein anderer Rezensent bereits beschrieben hat, die Tatsache, dass die Arbeitsstationen im Lager wie im Zeitraffer verfallen und andauernd gewartet werden müssen was unfassbar viele kostbare Ressourcen frisst. Die Reperaturen sind jedoch unumgehbar da die jeweiligen Stationen im schlechten Zustand keine Ressourcen mehr abwerfen und auch keine Bedürfnisse mehr befriedigen können, das angeschlagene Zelt stellt also keine Energie mehr her und mit der kaputten Angel zieht man keine Fische mehr aus dem Wasser. Man kann sich also entscheiden zwischen "Ressourcen sind leer wegen den Reperaturen" und "Ressourcen sind leer wegen den kaputten Arbeitsstationen"...ihr könnt euch vorstellen wie viel Frust diese "Lose-lose-Situation" in einem auslöst.

Nun stellt sich die Frage, warum habe ich das Spiel überhaupt fertig gespielt wenn es in vielen Bereichen so schlecht ist?
Die Antwort ist tatsächlich ziemlich simpel - ich wollte sehen wie es mit den Charakteren weitergeht, die einigermaßen interessant geschrieben sind, und wollte wissen wie die Story endet - das war Hauptgrund warum ich am Ball geblieben bin. Zu diesem Interesse beigetragen haben vorallem die sehr obskuren Begegnungen mit verschiedenen "Wesen", die jeweils an die Karten der großen Arkana des Tarots angelehnt sind. So findet man zwei Wölfe an einem kleinen Tümpel, angelehnt an die "Mond" Karte, eine Vogelscheuche die die Sonne repräsentiert und einen Baum (der einen sofort an einen Baum im Garten der Hesperiden aus der griechischen Mythologie erinnert), der die Nummer der Karte "der Turm" trägt.
Diese Anspielungen fand ich als begeisterte Tarotkarten-Legerin sehr interessant und ich wollte wissen, was es mit diesen Zuweisungen auf sich hat...leider wurde ich schließlich auch in diesem Bereich enttäuscht - die Begegnungen mit den Göttern der griechischen Mythologie drifteten trotz eigentlich ernstem Thema (die Flut, die die alte Welt zerstörte, das Gefangensein auf der Insel) oft stark ins Humoristische ab und die Lösung der Story war auch sehr simpel und unbefriedigend - hier wurde sehr vieles an möglicher Spannung verschenkt, denn die Grundidee hätte so einiges an spannenden Mysterien hergegeben - die Stimmung wurde eigentlich in diese Richtung hin aufgebaut ,insbesondere da die "Points of Interest" recht innovativ gestaltet wurden - wirklich schade, dass diese Spannung dann zum Ende hin komplett versandete...dass die Story mit sehr großer Linearität dahinplätscherte half natürlich auch nicht dabei das anfängliche Interesse am Spiel aufrecht zu erhalten...

Alles in allem kann ich das Spiel leider nicht empfehlen - aber ich werde Dead in Vinland nach einer gewissen Pause noch eine Chance geben, da bei jenem "Nachfolger" wirklich so einige Gameplay-Elemente verbessert worden sein sollen.